banner
Heim / Nachricht / Prototyping digital gefertigter Dünnglas-Verbundfassadenplatten
Nachricht

Prototyping digital gefertigter Dünnglas-Verbundfassadenplatten

Aug 20, 2023Aug 20, 2023

Datum: 23. Juni 2023

Autoren: Daniel Pfarr & Christian Louter

Quelle:Architektur, Strukturen und Konstruktion, Springer

DOI:https://doi.org/10.1007/s44150-022-00080-7

Der Einsatz von Dünnglas verspricht vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Bauindustrie. Neben den ökologischen Vorteilen einer effizienteren Ressourcennutzung können Architekten mit Dünnglas auch neue Gestaltungsfreiheiten erwarten. Basierend auf der Sandwich-Theorie kann das flexible Dünnglas mit einem 3D-gedruckten offenzelligen Polymerkern zu einem sehr steifen und dennoch leichten Verbundelement kombiniert werden. In diesem Beitrag wird ein explorativer Versuch zur digitalen Fertigung von Dünnglas-Verbundfassadenplatten mit einem Industrieroboter vorgestellt. Es erläutert die Idee eines digitalen „Fle-to-Factory“-Workflows, der Computer-Aided Design (CAD), Engineering (CAE) und Manufacturing (CAM) umfasst. Die Forschung zeigt einen parametrischen Designprozess, der die nahtlose Integration digitaler Analysetools ermöglicht.

Darüber hinaus zeigt dieser Prozess die Potenziale und Herausforderungen der digitalen Fertigung einer Dünnglas-Verbundplatte auf. Hier werden Teilproduktionsschritte erklärt, die von einem Industrieroboterarm ausgeführt werden, wie z. B. die großformatige additive Fertigung, die mechanische Oberflächenvorbereitung, das Kleben und der Montageprozess. Abschließend wird ein erster Einblick in die mechanischen Eigenschaften der Verbundplatte gegeben, die experimentell und numerisch unter Oberflächenlast untersucht und bewertet werden. Das allgemeine Konzept des digitalen Design- und Fertigungsworkflows sowie die Ergebnisse der experimentellen Untersuchung bilden den Hintergrund für die Integration weiterer Formfindungs- und Analysemethoden sowie die Implementierung umfangreicher mechanischer Untersuchungen in zukünftige Forschungen.

Digitale Fertigungsmethoden ermöglichen es uns, unsere Produktion zu verbessern, indem wir traditionelle Ansätze transformieren und neue Designmöglichkeiten bieten [1]. Herkömmliche Baumethoden neigen dazu, Materialien im Hinblick auf Kosten, Grundgeometrien und Sicherheit zu überbeanspruchen. Durch die Verlagerung des Bauwesens in Fabriken, den Einsatz modularer Vorfertigung und Robotik zur Ermöglichung neuer Designansätze können Materialien effizient genutzt werden, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen. Die digitale Fertigung ermöglicht es uns, unsere Designvorstellung zu erweitern und so vielfältigere, effizientere und anspruchsvollere Geometrien zu entwickeln. Während Konstruktions- und Berechnungsprozesse weitgehend digitalisiert sind, erfolgen Produktion und Montage noch immer überwiegend in traditioneller Handarbeit. Um der zunehmenden Komplexität von Freiformstrukturen gerecht zu werden, gewinnen digitale Fertigungsprozesse zunehmend an Bedeutung. Gerade bei Fassaden nimmt das Streben nach Gestaltungsfreiheit und Flexibilität stetig zu. Neben der optischen Wirkung von Freiformfassaden können sie auch effizientere Strukturen schaffen, beispielsweise durch den Einsatz eines Membraneffekts [2]. Darüber hinaus liegt ein großes Potenzial digitaler Fertigungsprozesse in deren Effizienz und Möglichkeiten zur optimierten Gestaltung.

Der aktuelle Beitrag untersucht, wie digitale Techniken bei der Gestaltung und Herstellung einer innovativen Verbundfassadenplatte bestehend aus einem additiv gefertigten Polymerkern und verklebten dünnen Glasaußenschichten eingesetzt werden können. Neben den neuen architektonischen Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz von Dünnglas ergeben, sind ökologische und ökonomische Kriterien eine wichtige Motivation, Gebäudehüllen mit weniger Material zu konstruieren. Parallel zu Klimawandel, Ressourcenknappheit und steigenden Energiepreisen muss Glas künftig intelligenter eingesetzt werden. Der Einsatz von Dünnglas aus der Elektronikindustrie mit einer Dicke von weniger als 2 mm verspricht leichte Fassaden bei reduziertem Rohstoffeinsatz.

Aufgrund der hohen Flexibilität von Dünnglas eröffnet es neue Möglichkeiten für architektonische Anwendungen und führt gleichermaßen zu neuen technischen Herausforderungen [3,4,5,6]. Während die Realisierung von Fassadenprojekten mit Dünnglas derzeit begrenzt ist, hält Dünnglas zunehmend Einzug in die Bauingenieur- und Architekturforschung. Aufgrund der hohen elastischen Verformungsfähigkeit von Dünnglas erfordert der Einsatz in Fassaden konstruktive Lösungen zur Aussteifung [7]. Neben der Ausnutzung eines Membraneffekts durch eine gekrümmte Geometrie [8] kann das Trägheitsmoment durch eine Sandwichstruktur bestehend aus einem Polymerkern mit aufgeklebten dünnen Glasaußenschichten erhöht werden. Dieser Ansatz hat sich bereits als vielversprechendes Design erwiesen, da er einen massiven transparenten Polycarbonatkern mit einer geringeren Dichte als Glas verwendet. Neben den positiven mechanischen Effekten wurden bereits weitere Sicherheitskriterien erreicht [9].

Der Ansatz in der folgenden Untersuchung basiert auf dem gleichen Konzept, verwendet jedoch einen additiv gefertigten, semitransparenten offenzelligen Kern. Dies verspricht ein höheres Maß an geometrischen Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten sowie die Integration bauphysikalischer Funktionen [10]. Diese Verbundplatte erwies sich in mechanischen Tests als besonders effizient [11] und verspricht eine potenzielle Reduzierung des Glaseinsatzes um bis zu 80 %. Dies führt nicht nur zu weniger benötigten Ressourcen, sondern auch zu deutlich leichteren Paneelen und damit effizienteren Unterkonstruktionen. Aber neue Formen des Bauens erfordern neue Formen der Produktion. Effiziente Strukturen erfordern effiziente Herstellungsprozesse. Und digitales Design begünstigt die digitale Fertigung. Aufbauend auf früheren Studien der Autoren stellt dieser Artikel die Forschung zum digitalen Herstellungsprozess von Dünnglas-Verbundplatten mit einem Industrieroboter vor. Im Mittelpunkt steht ein digitaler „File-to-Factory“-Workflow eines ersten großformatigen Prototyps, um die Automatisierung im Fertigungsprozess zu steigern.

Die Verbundplatte (Abb. 1) besteht aus zwei Deckschichten aus Dünnglas, die einen additiv gefertigten Polymerkern umschließen. Beide Komponenten werden durch einen Kleber verbunden. Ziel dieser Konstruktion ist es, die Lasten möglichst effizient über den gesamten Querschnitt zu verteilen. Biegemomente erzeugen Normalspannungen in den Deckschichten. Querkräfte führen zu Schubspannungen im Kern und in der Klebefuge.

Deckschicht

Die äußere Schicht der Sandwichkonstruktion besteht aus dünnem Glas. Grundsätzlich wird Kalk-Natron-Silikatglas verwendet. Aufgrund der angestrebten Dicken von < 2 mm stoßen thermische Vergütungsverfahren an ihre heutigen technischen Grenzen. Sind aufgrund der Konstruktion (z. B. kaltgebogene gebogene Platten) oder der Verwendung höhere Festigkeiten erforderlich, kann chemisch vorgespanntes Alumosilikatglas als besonders geeignet angesehen werden [12]. Die Funktion der Lichtdurchlässigkeit und des Schutzes vor Umwelteinflüssen wird durch die günstigen mechanischen Eigenschaften wie eine gute Kratzfestigkeit und einen im Vergleich zu den anderen im Verbund verwendeten Materialien relativ hohen Elastizitätsmodul ergänzt. Da die verfügbaren Größen chemisch vorgespannter Dünngläser begrenzt sind, werden hier für den Bau des ersten großformatigen Prototyps vollvorgespannte Kalk-Natron-Kieselglasscheiben mit einer Dicke von 3 mm verwendet.

Kernstruktur

Als formgebender Teil der Verbundplatte gilt die Kernstruktur. Fast alle Eigenschaften können dadurch beeinflusst werden. Aufgrund der additiven Fertigungsmethode steht es auch im Mittelpunkt des digitalen Fertigungsprozesses. Thermoplaste werden durch Fused Deposition Modeling verarbeitet. Dies bietet die Möglichkeit, eine Vielzahl unterschiedlicher Polymere für spezifische Anwendungen einzusetzen. Die Topologie des Kernelements kann entsprechend seiner Funktion durch unterschiedliche Schwerpunkte entwickelt werden. Zu diesem Zweck kann die Formfindung in die folgenden vier Designkategorien unterteilt werden: Strukturelles Design, funktionales Design, ästhetisches Design und Fertigungsdesign. Jede dieser Kategorien kann unterschiedliche Ziele verfolgen, was zu unterschiedlichen Topologien führen kann.

In Voruntersuchungen wurden bereits einige Kernstrukturen auf ihre statische Eignung untersucht [11]. Aus mechanischer Sicht erwies sich die dreifach periodische Minimalfläche des Gyroid-Kernmusters als besonders effizient. Dadurch konnte eine hohe mechanische Durchbiegungsfestigkeit bei vergleichsweise geringem Materialeinsatz erreicht werden. Neben diesen über die Fläche duplizierten zellenartigen Grundstrukturen kann die Topologie auch durch andere Formfindungsmethoden generiert werden. Die Erzeugung von Spannungslinien ist ein möglicher Ansatz, um die Steifigkeit zu optimieren und gleichzeitig das Gewicht möglichst gering zu halten [13]. Dennoch wird das für Sandwichstrukturen weit verbreitete Wabenkernmuster als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Produktionslinie verwendet. Diese Grundform bringt schnelle Fortschritte in der Fertigung, insbesondere durch einfache Werkzeugwegprogrammierung. Seine Eigenschaften in Verbundplatten sind umfassend untersucht [14,15,16] und das Erscheinungsbild lässt sich durch Parametrisierung auf vielfältige Weise verändern und kann auch für erste Optimierungskonzepte genutzt werden.

Bei der Auswahl des Polymers kann eine breite Palette thermoplastischer Polymere mit dem verwendeten Extrusionsverfahren berücksichtigt werden. Erste Voruntersuchungen kleinformatiger Materialien haben bereits dazu geführt, dass die Zahl der Polymere, die für den Einsatz in einer Fassade als geeignet gelten, reduziert wurde [11]. Polycarbonat (PC) ist aufgrund seiner Hitze- und UV-Stabilität sowie seiner hohen Steifigkeit vielversprechend. Aufgrund des zusätzlichen technischen und finanziellen Aufwands bei der PC-Verarbeitung wird für die Herstellung erster Prototypen glykolmodifiziertes Polyethylenterephthalat (PETG) eingesetzt. Dies lässt sich besonders einfach bei relativ niedrigen Temperaturen verarbeiten und birgt ein geringeres Risiko von thermischen Spannungen und Verzug im Bauteil. Die hier vorgestellten Prototypen werden aus einem postrecycelten PETG namens PIPG hergestellt. Das Material wird in Form von Pellets mit einem Glasfaseranteil von 20 % nach einer Vortrocknung bei 60 °C für mindestens 4 h verarbeitet [17].

Klebstoff

Der Klebstoff sorgt für eine dauerhafte Verbindung zwischen der Polymerkernstruktur und der dünnen Glasdeckschicht. Bei Biegebelastungen der Verbundplatte steht die Klebefuge unter Scherbeanspruchung. Daher sind steifere Klebstoffe von Vorteil und Durchbiegungen können reduziert werden. In Verbindung mit dem transparenten Material Glas sind auch transparente Klebstoffe günstig, um eine hohe optische Qualität zu gewährleisten. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Auswahl des Klebstoffs ist die Verarbeitbarkeit und Integration in den automatisierten Produktionsablauf. Hier können UV-härtende Klebstoffe mit flexiblen Aushärtezeiten die Positionierung der Deckschichten deutlich vereinfachen. Basierend auf Vorversuchen wurde bereits eine Auswahl an Klebstoffen auf ihre Eignung für dünne Glasverbundplatten getestet [18]. Als besonders geeignet erwies sich das UV-härtende Acrylat Loctite® AA 3345™ [19], das im folgenden Prozess eingesetzt wird.

Um die Möglichkeiten der additiven Fertigung und die Flexibilität von Dünnglas zu nutzen, ist der gesamte Prozess darauf ausgerichtet, digital und parametrisch zu funktionieren. Grasshopper wird als visuelle Programmierschnittstelle verwendet, um Schnittstellen zwischen verschiedenen Programmen zu vermeiden. Alle Disziplinen (Design, Engineering und Fertigung) unterstützen und ergänzen sich in einer Datei und geben dem Betreiber direktes Feedback. Zu diesem Zeitpunkt der Forschung befindet sich der Arbeitsablauf noch in der Entwicklung und folgt dem in Abb. 2 dargestellten Diagramm. Verschiedene Ziele können innerhalb der Disziplinen als Kategorien zusammengefasst werden.

Während bei der Herstellung des Sandwichpaneels in diesem Beitrag bereits auf eine benutzerorientierte Gestaltung und die Automatisierung der Fertigungsvorbereitung zurückgegriffen wird, ist die Integration und Validierung einzelner Engineering-Tools noch nicht vollständig umgesetzt. Ausgehend von der parametrischen Gestaltung der Fassadengeometrie kann die äußere Gebäudehülle auf Makroebene (Fassade) und Mesoebene (Fassadenplatte) gestaltet werden. Im zweiten Schritt soll durch eine ingenieurtechnische Rückkopplungsschleife die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit sowie die Machbarkeit der Fertigung der Fassade abgeschätzt werden. Abschließend werden die resultierenden Panels für die digitale Fertigung vorbereitet. Das Programm verarbeitet die entwickelten Kernstrukturen in maschinenlesbarem G-Code und bereitet die additive Fertigung, die subtraktive Nachbearbeitung und die Klebeverbindung mit Glas vor.

Design (CAD)

Der Designprozess wird auf zwei verschiedenen Ebenen betrachtet. Neben der makroskopischen Form der Fassade, die Einfluss auf die Geometrie jeder Verbundplatte hat, kann auch die Kerntopologie selbst auf Mesoebene gestaltet werden. Mittels eines parametrischen Fassadenmodells kann mit den in Abb. 3 dargestellten Schiebereglern anhand eines exemplarischen Fassadenausschnitts die Form und Optik beeinflusst werden. Auf diese Weise besteht die Gesamtoberfläche aus einer vom Benutzer definierbaren, skalierbaren Fläche, die durch einen Punktattraktor verformt und durch Angabe des minimalen und maximalen Ausmaßes der Verformung verändert werden kann. Dies gewährleistet ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung der Gebäudehülle. Diese Freiheit wird jedoch durch technische und fertigungstechnische Zwänge eingeschränkt, die später durch Algorithmen im Engineering-Teil zum Tragen kommen.

Neben der Höhe und Breite der Gesamtfassade wird auch die Unterteilung der Fassadenplatten definiert. Bei den einzelnen Fassadenplatten können diese auf der Mesoebene genauer definiert werden. Die Topologie der Kernstruktur selbst sowie die Glasdicke können beeinflusst werden. Beide Variablen haben zusammen mit den Abmessungen des Panels einen wichtigen Bezug zur mechanischen Simulation im Ingenieurbereich. Das gesamte Design und Engineering auf der Makro- und Mesoebene kann unter Optimierungsgesichtspunkten in den vier Kategorien Struktur-, Funktions-, Ästhetik- und Fertigungsdesign durchgeführt werden. Durch die Festlegung von Prioritäten in diesen Bereichen kann der Nutzer sowohl das Gesamtbild als auch die Leistung der Gebäudehülle gestalten.

Ingenieurwesen (CAE)

Der Entwurf wird vom Engineering-Teil mit Hilfe einer Feedback-Schleife unterstützt. Hierzu werden Ziel- und Randbedingungen innerhalb der in Abb. 2 dargestellten Optimierungskategorien definiert. Diese stellen einen Korridor aus technisch Machbarem, bauphysikalisch Sinnvollem und ingenieurtechnisch sicherem Zustand dar, der maßgeblichen Einfluss auf den Entwurf hat . Dies ist der Ausgangspunkt für eine Vielzahl von Tools, die direkt in Grasshopper integriert werden können. Mit weiterer Forschung können mechanische Eigenschaften durch Finite-Elemente-Analyse (FEA) oder sogar analytische Berechnungen geschätzt werden.

Auch Sonneneinstrahlungsstudien, Sichtlinienanalysen und die Modellierung der Sonnenstunden können den bauphysikalischen Effekt der Verbundplatte abschätzen. Es ist wichtig, die Geschwindigkeit, Effizienz und Flexibilität des Designprozesses nicht zu sehr einzuschränken. Die hier generierten Ergebnisse dienen daher als zusätzliche Orientierung und Unterstützung des Designprozesses und ersetzen nicht die detaillierte Analyse und den Nachweis am Ende des Designprozesses. Dieses strategische Design bildet die Grundlage für die weitere Forschung in den einzelnen Kategorien, um validierte Ergebnisse zu liefern. Beispielsweise ist bisher nur wenig über das mechanische Verhalten einer Verbundplatte unter verschiedenen Belastungs- und Auflagebedingungen bekannt.

Fertigung (CAM)

Nach Abschluss von Design und Engineering wird das Modell für die digitale Fertigung vorbereitet. Der Herstellungsprozess gliedert sich in vier Teilschritte (Abb. 4). Zunächst wird die Kernstruktur mithilfe einer groß angelegten Roboter-3D-Druckanlage additiv hergestellt. Anschließend wird die Oberfläche mit demselben Robotersystem gefräst, um die für eine hochwertige Verklebung erforderliche Oberflächenqualität zu verbessern. Nach dem Fräsen wird der Klebstoff durch ein speziell entwickeltes Dosiersystem, das auf demselben Robotersystem montiert ist, das auch für die Druck- und Fräsprozesse verwendet wird, entlang der Kernstruktur aufgetragen. Abschließend wird das Glas positioniert und abgelegt, bevor die Klebefuge durch UV-Licht ausgehärtet wird.

Für die additive Fertigung muss die definierte Topologie der Kernstruktur in die numerische Steuerungsmaschinensprache (GCode) übersetzt werden. Für homogene und qualitativ hochwertige Ergebnisse ist das Ziel, dass jede Schicht gedruckt werden kann, ohne dass sich die Extruderdüse löst. Dies verhindert eine unerwünschte Überextrusion am Anfangs- und Endpunkt der Verfahrbewegung. Daher wird für das verwendete Wabenmuster ein kontinuierliches Skript zur Werkzeugweggenerierung geschrieben. Dadurch entsteht eine parametrische, durchgehende Polylinie mit gleichem Start- und Endpunkt, die sich je nach Design an die gewählte Panelgröße, Anzahl und Größe der Wabenzellen anpasst. Darüber hinaus können Parameter wie Linienbreite und -höhe festgelegt werden, bevor die Linie durch die Anzahl der Schichten gestapelt wird, um die gewünschte Höhe der Kernstruktur zu erreichen. Der nächste Schritt des Skripts besteht darin, die G-Code-Befehle zu schreiben.

Dazu werden die Koordinaten jedes Punktes in eine Zeile mit weiteren maschinenspezifischen Informationen wie anderen relevanten Achsen zur Positionierung und Steuerung der Extrusionsmenge geschrieben. Der generierte G-Code kann dann an die Produktionsmaschine übertragen werden. In diesem Fall wird ein Comau NJ165 Industrieroboterarm auf einer linearen Schiene verwendet, um den E25-Extruder von CEAD gemäß dem G-Code zu bedienen (Abb. 5). Für die ersten Prototypen wird ein postindustrielles PETG mit einem Glasfaseranteil von 20 % verwendet. Hinsichtlich der mechanischen Prüfungen wird eine Größe nahe der Bauindustriegröße angestrebt, daher wird das Kernelement in der Größe 1983 × 876 mm mit 6 × 4 Wabenzellen hergestellt. Die Düse extrudiert das Material bei 265 °C zu einer gedruckten Linie mit 6 mm Breite und 2 mm Höhe auf einer auf 80 °C vorgeheizten Glasoberfläche.

Fräsen des Kerns

Vorversuche zeigten bereits Unterschiede in der Klebefestigkeit zwischen dem Klebstoff und dem 3D-gedruckten Polymer in Abhängigkeit von dessen Oberflächenbeschaffenheit. Hierzu wurden additiv gefertigte Prüfkörper mit einem Kleber verklebt oder auf Glas laminiert und auf Zug oder Scherung belastet. Eine deutliche Festigkeitssteigerung konnte festgestellt werden, wenn die Polymeroberfläche mechanisch durch Mahlen vorbehandelt wurde (Abb. 6). Darüber hinaus verbessert es die Ebenheit des Kerns und verhindert Fehler durch Überextrusion. Das hier verwendete UV-härtende Acrylat LOCTITE® AA 3345™ [19] schien empfindlich auf die Verarbeitungsbedingungen zu reagieren.

Dies führt zu generell höheren Standardabweichungen bei verklebten Prüfkörpern. Nach der additiven Fertigung wird die Kernstruktur durch eine Kopierfräse abgefräst. Der dafür erforderliche G-Code wird automatisch entsprechend der bereits für den 3D-Druckprozess erstellten Werkzeugbahn generiert. Es ist notwendig, die Kernstruktur etwas höher als die vorgesehene Kernhöhe zu drucken. In diesem Beispiel wurde die 18 mm dicke Kernstruktur auf 14 mm heruntergefräst.

Auftragen von Klebstoff

Dieser Teil des Herstellungsprozesses stellt eine erhebliche Herausforderung für die vollständige Automatisierung dar. Der Klebstoffauftrag erfordert ein hohes Maß an Genauigkeit und Präzision der Maschine. Zum Auftragen des Klebstoffs entlang der Kernstruktur kommt ein pneumatisches Dosiersystem zum Einsatz. Dieser wird vom Roboter entsprechend der bereits definierten Werkzeugbahn über die gefräste Fläche geführt. Anstelle herkömmlicher Dosierspitzen erwies sich die Anwendung mit einer Pinselspitze als besonders günstig. Dies führt zu einer gleichmäßigen Dosierung des Volumens bei niedrigviskosen Klebstoffen. Die Menge wird durch den im System ausgeübten Druck sowie die Geschwindigkeit des Roboters bestimmt. Für eine höhere Präzision und eine hochwertige Klebeverbindung werden niedrige Bewegungsgeschwindigkeiten zwischen 200 und 800 mm/min bevorzugt.

Bei einem Anpressdruck von 0,3 bis 0,6 mbar wurde das verwendete Acrylat mit einer mittleren Viskosität von 1500 mPa*s mit einem Dosierpinsel mit einem Innendurchmesser von 0,84 mm und einer Pinselbreite von 5 mm auf die 6 mm breite Polymerkernwand aufgetragen mm. Anschließend verteilt sich der Klebstoff auf der Untergrundoberfläche und bildet aufgrund der Oberflächenspannung eine 1 mm dünne Schicht. Eine genaue Definition der Kleberdicke konnte bisher nicht automatisiert umgesetzt werden. Die Dauer des Prozesses ist ein relevantes Kriterium für die Auswahl des Klebstoffs. Die hier hergestellte Kernstruktur hat eine Bahnlänge von 26 m, was eine Einwirkzeit von 30 bis 60 min ergibt.

Montage und Aushärtung

Nach dem Auftragen des Klebers wird die Scheibe in Position gebracht. Da sich dünnes Glas aufgrund der geringen Materialstärke bereits unter seinem Eigengewicht stark verformt, muss die Scheibe beim Einlegen möglichst flach gehalten werden. Hierzu wird ein pneumatischer Glassauger mit punktuell verteilten Saugnäpfen verwendet. Die Platzierung über dem Bauteil erfolgt mit Hilfe eines Krans, künftig möglicherweise auch direkt mit dem Roboter. Die Glasscheibe wird parallel zur Oberfläche der Kernstruktur auf die Klebeschicht aufgelegt. Der durch das geringe Gewicht entstehende Druck wird durch eine weitere Glasscheibe (4 bis 6 mm dick) erhöht.

Das Ergebnis sollte eine vollständige Befeuchtung der Glasoberfläche entlang der Kernstruktur sein, die durch eine erste visuelle Prüfung anhand deutlicher Farbunterschiede beurteilt werden kann. Auch der Auftragsprozess kann einen empfindlichen Einfluss auf die Qualität der resultierenden Klebefuge haben. Nach dem Auftragen darf die Scheibe nicht mehr neu positioniert werden, da dies zu sichtbaren Kleberrückständen auf dem Glas und Unebenheiten in der eigentlichen Kleberschicht führt. Die abschließende Aushärtung des Klebstoffs erfolgt durch UV-Strahlung mit einer Wellenlänge von 365 nm. Hierzu wird eine UV-Lampe mit einer Leistungsdichte von 6 mW/cm2 60 s lang schrittweise über die gesamte Klebefläche gehalten.

Das hier untersuchte Konzept einer leichten und individualisierbaren Dünnglas-Verbundplatte mit additiv gefertigtem Polymerkern soll in zukünftigen Fassaden zum Einsatz kommen. Daher sollte die Verbundplatte den geltenden Normen entsprechen und den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS), den Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS) und die Sicherheitsanforderungen erfüllen. Die Verbundplatte sollte daher ausreichend sicher, fest und steif sein, um Lasten (z. B. Flächenlasten) zu tragen, ohne Einsturz oder zu große Verformungen zu zeigen. Um die mechanische Reaktion der zuvor hergestellten Dünnglas-Verbundplatte zu untersuchen, wie im Abschnitt „Mechanische Tests“ dargestellt, wurde sie einem Windlasttest unterzogen, wie in den folgenden Unterabschnitten beschrieben.

Physischer Testaufbau

Ziel der physikalischen Prüfung ist die Untersuchung des mechanischen Verhaltens der Verbundfassadenplatte unter Windlast. Hierzu wird in der oben beschriebenen Methode eine Verbundplatte aus 3 mm dicken ESG-Außenscheiben und einer 14 mm dicken additiv gefertigten Kernstruktur aus PIPG-GF20 mit dem Klebstoff Loctite AA 3345 von Henkel im oben beschriebenen Verfahren hergestellt (Abb. 7 links). ). Anschließend wird die Verbundplatte mit Metallschrauben, die durch den Holzrahmen seitlich in die Kernstruktur geschraubt werden, an einem Holztragrahmen befestigt. Die 30 Schrauben werden entlang des Umfangs der Platte angebracht (siehe schwarze Linien in Abb. 7 links) und sollen eine möglichst genaue lineare Auflagebedingung entlang des Umfangs reproduzieren.

Anschließend wird der Prüfrahmen luftdicht in eine Fassadenprüfwand eingebaut, wodurch sich hinter der Verbundplatte ein Winddruck bzw. Windsog aufbaut (Abb. 7, oben rechts). Zur Datenaufzeichnung wird ein digitales Korrelationssystem (DIC) verwendet. Zu diesem Zweck wird die äußere Glasscheibe der Verbundplatte mit einer dünnen und elastischen Folie abgedeckt, die mit einem Perlin Noise-Muster bedruckt wurde (Abb. 7, unten rechts). Das DIC erfasst mit zwei Kameras die relative Lage aller Messpunkte über die gesamte Glasfläche. Pro Sekunde werden zwei Bilder aufgenommen und zur Auswertung herangezogen. Der Druck in der von der Verbundplatte umschlossenen Kammer wird durch einen Ventilator in 1000-Pa-Schritten auf maximal 4000 Pa erhöht, wobei jede Belastungsstufe für 10 s aufrechterhalten wird.

Numerische Simulation

Der physikalische Aufbau des Experiments wird ebenfalls durch ein numerisches Modell mit den gleichen geometrischen Abmessungen abgebildet. Hierzu wird das numerische Programm Ansys Mechanical verwendet. Die Geometrie wird mit SOLID 185 Hexaederelementen mit einer Kantenlänge von 20 mm für die Glasscheiben und SOLID 187 Tetraederelementen mit einer Kantenlänge von 3 mm für die Kernstruktur vernetzt. Um die Simulation in diesem Forschungsstadium zu vereinfachen, wird hier angenommen, dass das verwendete Acrylat idealisiert steif und dünn ist und als starre Verbindung zwischen Glas und Kern definiert wird.

Die Verbundplatte wird in einer Linie um die Außenseite des Kerns befestigt und eine Glasscheibe wird mit einer Flächenlast von 4000 Pa Druck belastet. Während die Simulation geometrische Nichtlinearitäten berücksichtigt, wurden in diesem Stadium der Forschung nur lineare Materialmodelle verwendet. Während dies eine gültige Annahme für die linear-elastische Reaktion von Glas ist (mit E = 70.000 MPa), beträgt die angenommene lineare Steifigkeit E = 8245 MPa gemäß dem Datenblatt des Herstellers [17] des (viskoelastischen) Polymerkernmaterials müssen in der aktuellen Analyse kritisch betrachtet werden und werden in zukünftigen Forschungen untersucht.

Die hier vorgestellte Auswertung der Ergebnisse konzentriert sich auf die Verformung unter maximaler Winddruckbelastung bis 4000 Pa (=ˆ4kN/m2). Dazu wird das vom DIC aufgenommene Bild mit den Ergebnissen der numerischen Simulation (FEA) verglichen (Abb. 8, unten rechts). Während in der FEA eine idealisierte Gesamtverformung von 0 mm bei „perfekt“ linienförmiger Abstützung im Randbereich (also dem Plattenumfang) berechnet wird, muss bei der Auswertung des DIC die physikalische Verschiebung des Randbereichs berücksichtigt werden . Dies resultiert aus Toleranzen in der Montage sowie einer Verformung des Prüfrahmens und seiner Dichtung. Zum Vergleich wird die mittlere Verschiebung des Randbereichs (weiße gestrichelte Linie in Abb. 8) von der maximalen Verschiebung in der Plattenmitte abgezogen. Die durch DIC und FEA ermittelten Verschiebungen werden in Tabelle 1 verglichen und als Diagramme in der linken oberen Ecke von Abb. 8 angezeigt.

Tabelle 1 Vergleich der Ergebnisse zwischen DIC und FEA –Tisch in voller Größe

Die vier Belastungsniveaus des Versuchsmodells dienen als Referenzpunkte für die Bewertung und werden auch in der FEA bewertet. Die maximale Mittenverschiebung im unbelasteten Zustand der Verbundplatte wurde durch DIC-Messungen bei 2,18 mm bei einer Belastung von 4000 Pa ermittelt. Während die Verschiebung der FEA bei geringeren Belastungen (bis zu 2000 Pa) die experimentellen Werte noch einigermaßen reproduzieren kann genau, der nichtlineare Anstieg der Verformung bei höheren Belastungen wird nicht genau berechnet.

Die Studie zeigt jedoch bereits, dass die Verbundplatte extremen Windlasten standhalten kann. Besonders hervorzuheben ist die hohe Steifigkeit der Leichtbauplatte. Bei einer analytischen Berechnung auf Basis der linearen Plattentheorie nach Kirchhoff [20] entspricht die Verformung von 2,18 mm bei 4000 Pa der Verformung einer monolithischen 12 mm Glasscheibe unter gleichen Randbedingungen. Die Dicke des (produktionsenergieintensiven) Glases kann daher bei dieser Verbundplatte auf 2 × 3 mm Glas reduziert werden, was zu einer Materialeinsparung von 50 % führt. Diese Reduzierung des Gesamtgewichts des Panels führt zu weiteren Vorteilen bei der Montage. Während die 30 kg schwere Verbundplatte problemlos von zwei Personen gehandhabt werden kann, ist für die sichere Handhabung einer herkömmlichen 50 kg schweren Glasscheibe technische Unterstützung erforderlich. Für eine genaue Darstellung des mechanischen Verhaltens ist in zukünftigen Forschungen ein detaillierteres numerisches Modell erforderlich. Durch umfangreichere nichtlineare Materialmodelle des Polymers und Modellierung der Klebeverbindung kann die FEA weiter verbessert werden.

Die Entwicklung und Verbesserung digitaler Prozesse spielt in der Baubranche eine Schlüsselrolle, um sowohl die wirtschaftliche als auch die ökologische Leistung zu verbessern. Darüber hinaus verspricht der Einsatz von Dünnglas in Fassaden Einsparpotenziale bei Energie und Ressourcen und eröffnet neue Möglichkeiten in der Architektur. Aufgrund der geringen Dicke des Glases sind jedoch neue konstruktive Lösungen erforderlich, um das Glas ausreichend zu versteifen. Daher untersuchte die in diesem Artikel vorgestellte Forschung das Konzept einer Verbundplatte aus dünnem Glas und einer geklebten, versteifenden 3D-gedruckten Polymerkernstruktur. Der gesamte Herstellungsprozess, vom Design bis zur Produktion, wurde digitalisiert und automatisiert. Mit Hilfe von Grasshopper wurde ein File-to-Factory-Workflow entwickelt, um den Einsatz der dünnen Glasverbundplatten in zukünftigen Fassaden zu ermöglichen.

Bereits die Herstellung eines ersten Prototypen zeigte die Machbarkeit und Herausforderungen der robotergestützten Produktion. Während additive und subtraktive Fertigung bereits sehr gut integriert werden konnten, stellt insbesondere der vollautomatische Klebstoffauftrag und die Montage weitere Herausforderungen dar, die in der zukünftigen Forschung angegangen werden müssen. Mittels mechanischer Vorversuche und damit verbundener explorativer FE-Simulationen wird gezeigt, dass die leichte Dünnglas-Verbundplatte auch unter extremen Windlastbedingungen eine ausreichende Biegesteifigkeit für den vorgesehenen Einsatz in Fassaden bietet. Die laufenden Forschungsarbeiten der Autoren werden das Potenzial und die Leistungsfähigkeit digital hergestellter Dünnglas-Verbundplatten für Fassadenanwendungen weiter untersuchen.

Die Daten, auf denen dieses Papier basiert, sind auf begründete Anfrage bei den Autoren erhältlich.

Die Autoren danken allen Unterstützern dieser Forschungsarbeit. Der Dank geht an das aus Mitteln der Europäischen Union finanzierte EFRE-Förderprogramm der SAB für die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Anschaffung des Roboterarms mit Extruder und Fräseinheit durch die Zuschuss-Nr. 100537005. AiF-ZIM dankt außerdem für die Förderung des Forschungsprojekts Glasfur3D (Fonds-Nr. ZF4123725WZ9) in Zusammenarbeit mit den Glaswerkstätten Glas Ahne, die diese Forschungsarbeit maßgeblich unterstützt haben. Abschließend danken wir dem Friedrich-Siemens-Laboratorium und seinen Mitarbeitern, insbesondere Felix Hegewald sowie dem studentischen Mitarbeiter Jonathan Holzherr, für die technische Unterstützung und Durchführung von Fertigungs- und physikalischen Tests als Hintergrund für diese Arbeit.

Open-Access-Förderung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.

Autoren und Zugehörigkeiten

Korrespondierender Autor

Korrespondenz mit Daniel Pfarr.

Autoren: Daniel Pfarr & Christian LouterQuelle:DOI:Abb. 1Abb. 2Abb. 3Abb. 4Abb. 5Abb. 6Abb. 7Abb. 8Tabelle 1 Vergleich der Ergebnisse zwischen DIC und FEA –